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Vorwärts in die Vergangenheit!
der
„Reichsideologen“
gar
kein
deutsches
Geld
gewesen
sein.
Bei
all
dem
Getue
um
sechs
oder
sieben
Feder-
schwingen
ist
den
„Reichsideologen“
offenbar
noch
gar
nicht
aufgefallen,
dass
der
Adler
im
Bundeswappen
seit
eh
und
je
nur
fünf
Feder-
schwingen
hat
(Abb.
25
links)
und
dass
die
Bundesregierung
für
Briefköpfe,
Drucksachen
usw.
seit
2005
ein
neues
Signet
benutzt,
zu
dem
auch
ein
neu
gestalteter
Adler
gehört
Abb.
29:
Adler
aus
dem
kleinen
Bundessiegel
(l.),
neues
Signet
(r.)
dagegen
ist
die
künstlerische
Gestaltung
des
Adlers
im
Einzelfall
vorbehalten.
Hier
gibt
es
einen
breiten
Spielraum,
denn
zum
Aussehen
des
Wappentieres
ist
lediglich
festgelegt,
dass
es
einköpfig
ist,
das
Haupt
nach
seinem
rech-
ten
Flügel
hin
wendet,
keine
Krone
auf
dem
Haupt
hat
und
im
Schilde
schwebt
1
.
Wichtig
ist
allein,
dass
man
es
als
Bundesadler
erkennt.
Wer
etwa
auf
die
alten
DM-Münzen
der
Bun-
desrepublik
schaut,
sowohl
auf
die
normalen
Kursmünzen
(Abb.
27)
als
auch
auf
die
Sonder-
münzen,
sieht
jedes
Mal
einen
anderen
Adler,
dessen
Erscheinungsbild
gerade
bei
den
Son-
dermünzen
meist
dem
Anlass
für
die
Ausgabe
der
Münze
angepasst
ist;
in
einigen
Fällen
sind
nicht
einmal
die
Flügel
symmetrisch.
Der
Adler
auf
unseren
heutigen
normalen
Münzen
zu
1
und
2
€
sieht
auch
anders
aus
als
der
auf
dem
offiziellen
Wappen:
statt
in
sechs
oder
sieben
Schwingen
ist
das
Gefieder
der
Flügel
in
zahl-
reiche
Strahlen
aufgelöst
(Abb.
27
rechts).
Der
Adler
auf
dem
früheren
100-DM-Schein
dage-
gen
war
naturalistisch
gestaltet.
Und
der
Adler,
der
im
Plenarsaal
des
Bundestages
hängt
(auch
als
„Fette
Henne“
bekannt),
hat
wieder
eine
andere
Gestalt.
Bisher
hat
sich
kein
Abge-
ordneter
darüber
beschwert,
obwohl
man
unter
denen
doch
eigentlich
ein
paar
gute
Völker-
rechtler
finden
müsste.
Zur
Zeit
der
Weimarer
Republik
lagen
die
Dinge
ganz
ähnlich.
Abb.
28
zeigt
die
Rückseiten
eini-
ger
Gedenkmünzen
zu
5
Reichsmark
aus
den
Jahren
1927
bis
1932.
Der
Adler
erscheint
je-
des
Mal
anders.
Es
ließen
sich
noch
zahlreiche
andere
Beispiele
anführen.
Zum
Jubiläum
der
Weimarer
Verfassung
1929
wurde
sogar
eine
5
RM-Münze
geprägt,
die
überhaupt
keinen
Adler
zeigte,
sondern
vorne
ein
Bild
von
Reichspräsident
v.
Hindenburg
und
hinten
eine
(Abb.
29
rechts).
Er
sieht
dem
alten
sehr
ähn-
lich,
hat
aber
—
nur
noch
fünf
Federschwingen!
Zudem
hat
er
sein
Auge
zurückbekommen,
das
im
kleinen
Bundessiegel
(Abb.
29
links)
ver-
schwunden
war.
Es
ist
höchst
verwunderlich,
dass
sich
auf
diese
Tatsache
noch
niemand
ge-
stürzt
hat,
zeigt
aber
zugleich
auch
wieder
sehr
schön
das
Niveau
der
in
„Fachkreisen“
herr-
schenden
selektiven
Sachkunde.
Die
gesamte
Erbsen-
bzw.
Federzählerei
ent-
puppt
sich
also
als
viel
Lärm
um
wirklich
gar
nichts.
Jeder
Deutsche
kann
mit
seinem
Perso-
nalausweis
oder
Reisepass
durch
die
Welt
rei-
sen,
und
wenn
er
dabei
Probleme
haben
sollte,
liegt
das
sicherlich
nicht
an
der
Zahl
der
Feder-
schwingen
des
Adlers.
Oder
hat
schon
mal
je-
mand
erlebt,
dass
die
Leute
an
der
Passkon-
trolle
nachgezählt
haben?
Allerdings
ist
dieses
bedeutende
Problem
auch
schon
dem
Bundestag
vorgelegt
worden.
In
einer
Petition
2
äußerte
im
Sommer
2012
je-
mand
den
Wunsch,
überall
den
gleichen
Adler
zu
nehmen,
weil
es
sonst
an
Grenzen
Schwie-
rigkeiten
geben
könnte.
Auch
sei
der
Adler
auf
deutschen
Reisepässen
gar
kein
Bundesadler,
sondern
der
Reichsadler
von
1919.
Weiter
wur-
de
gesagt
(leider
ohne
Quelle):
Das
Bundesverfassungsgericht
hat
auch
festgestellt,
das
der
Reichadler
kein
Staatswappen
der
BRD
ist.
Bei
Redaktionsschluss
befand
sich
die
Petition
noch
in
der
Prüfung.
Wirklich
wild
muss
es
in
den
Köpfen
der
„Reichsideologen“
hergehen,
wenn
sie
etwa
be-
haupten
3
:
Ebenso
wie
die
Staatsflagge,
konnte
die
„Bundesrepublik
Deutschland“
als
be-
setztes
Gebiet
auch
kein
eigenständiges
Staatswappen
führen.
So
wurde
durch
Schwurhand!
Das
dürfte
dann
nach
der
Logik
2
Petition
Nr.
35558
vom
31.
August
2012;
http://www.bundestag.de/service/glossar/B/
[338]c
S.
13
1
bundesadler.html
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2012/_08/_31/
Petition_35558.html
3
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