Seite 80 Vorwärts in die Vergangenheit!
Länder hoheitliche Gewalt haben. Allerdings
stehen sie mit dieser These recht einsam da.
Wie soll denn ein Beamter beweisen, dass er
einer ist? Er könnte seinen Dienstausweis zei-
gen. Das hilft ihm bei einem echten „Reichs-
ideologen“ aber gar nichts. Die wollen einen
„Amtsausweis“ sehen. Wörtlich 1 :
Da die Bundesrepublik nur eine Verwal-
tung nach Artikel 48 HLKO darstellt, wird
es auch bis zu einem Friedensvertrag
keine Beamten geben. Ein Staat kann
Beamte haben eine Verwaltung hat nur
Arbeitsverhältnisse und somit haben die
Beschäftigten auch nur einen Dienstaus-
weis und keinen staatlichen Amtsaus-
weis.
Nur ein Amtsausweis löst hoheitliche
staatliche Befugnisse aus. Ein dienstaus-
weis [!] hätte derzeit nur hoheitliche Be-
fugnisse wenn eine Genehmigung der
Militärregierung mitvorgelegt wird
Ein Beamter muss also unbedingt einen Amts-
ausweis haben, um hoheitliche Aufgaben wahr-
nehmen zu dürfen, ein Dienstausweis reicht
unter keinen Umständen - so ein unumstößli-
ches Dogma.
Leider ist das total lebensfremd. „Amtsauswei-
se“ hat es in Deutschland für Beschäftigte im
öffentlichen Dienst (egal ob beamtet oder nicht)
zu keiner Zeit gegeben, sondern stets Dienst-
ausweise. Wer im Internet nach dem Stichwort
„Amtsausweis“ sucht, der findet praktisch nur
einschlägige Websites von „Reichsideologen“.
Wie die tatsächliche Verwaltungspraxis aus-
sieht, möge als beliebiges Beispiel das ein-
schlägige bayerische Gesetz 2 zeigen:
Beschäftigte, die regelmäßig Außen-
dienst wahrnehmen, sollen einen Dienst-
ausweis erhalten und sich damit erforder-
lichenfalls im Außendienst unaufgefordert
ausweisen. Sonstige Beschäftigte kön-
nen einen Dienstausweis erhalten.
Von besonderen „Amtsausweisen“ ist im Ge-
setz keine Rede. Ein Unterschied zwischen Be-
amten und Angestellten wird hier auch nicht ge-
macht; er ist ja für den Bürger in der Regel
auch ohne Bedeutung. Außer für „Reichsideolo-
gen“, denn die glauben 3 :
Unterschied:
Amtsträger dürfen einen staatlich hoheit-
lichen Akt ausführen, nämlich eine Ent-
scheidung zu treffen, deswegen sind alle
Amtsträger, Sie sind also entscheidungs-
befugt.
Dienstträger sind weisungsgebunden und
sind nicht unabhängig!
Hoheitliche Akte sind in der Tat Beamten vorbe-
halten, aber wer die für unabhängig hält, nur
weil sie Entscheidungen treffen, wer jedwede
Entscheidung für einen Hoheitsakt hält oder
wer glaubt, Angestellte dürften keine Entschei-
dungen treffen, der macht sich lächerlich. Be-
amte und Angestellte gleichermaßen sind öf-
fentlich Bedienstete und haben daher einen
Dienstausweis.
Die korrekte Antwort eines Beamten auf die
Frage, warum er keinen Amtsausweis habe,
müsste also lauten: „Weil ich kein Amt bin.“
Auf der gleichen Ebene wird moniert 4 , die an-
geblichen Beamten hätten gar kein Amtssiegel,
sondern nur Dienstsiegel. Erstens sind beide
Begriffe synonym, und zweitens trägt kaum ein
Beamter bei seiner Arbeit ein Siegel welcher Art
auch immer mit sich herum. Die sind nämlich
der Behörde zugeordnet und werden dort unter
Verschluss aufbewahrt.
6.13.3 Sind Gerichtsvollzieher noch
Beamte?
Es gibt ganz verschiedene Arten von Beamten
mit unterschiedlichen Aufgaben. Zu denen, mit
denen man weniger gerne zu tun hat, gehören
die Gerichtsvollzieher. Wer natürlich die Zah-
lung von Steuern, Geldstrafen oder Ordnungs-
geldern verweigert, weil er den Staat nicht
wahrhaben will, bei dem wird so einer schon
mal auftauchen. Darf er das? Darauf antworten
„Reichsideologen“ mit einem entschiedenen
Nein. Sie meinen:
Gerichtsvollzieher sind keine Beamten
mehr, falls sie denn je welche waren, seit
ihnen dieser Status durch eine Neufas-
sung der Gerichtsvollzieherordnung
(GVO) aberkannt worden ist.
Die Tätigkeit der Gerichtsvollzieher wird durch
die GVO geregelt, die zwar ein Landesgesetz
ist, aber in allen Ländern gleich lautet. Bis zum
1
2
Ebd.
[163] §35 (1)
1. August 2012 hieß es in §1, der Gerichtsvoll-
zieher sei ein Beamter im Sinne des Beamten-
http://wemepes.ch/pdf-Liste/Amtstraeger.pdf; Hervorhe-
3
bungen im Original
4
Ebd.